Der Knackpunkt, warum Millionen von Kunden ihre Lebensversicherung widerrufen können, liegt in den Widerrufsbelehrungen der Verträge von Lebensversicherungen und Rentenversicherungen.
Ein großer deutscher Lebensversicherungskonzern schätzt die Zahl der betroffenen Verträge auf 108.000.000 Stück mit einem Prämienvolumen von über 400 Mrd. Euro. Anhand dieser Zahlen sieht man die Reichweite der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs. Wir schätzen die Zahl der betroffenen Verträge etwas geringer ein, weil Riester- und Rüruppolicen heraus gerechnet werden können.
Der Knackpunkt in den Verträgen ist die Widerrufsbelehrung. Die Bestimmungen dazu wurden in den Paragraphen §5a VVG a.F. 1994 und §5a VVG a.F. 2004 geregelt. Die in den §5a VVG a.F. 1994 und 2004 geregelten Bestimmungen zur Widerrufsbelehrung wurden von den meisten Lebensversicherungsgesellschaften falsch, unvollständig und sogar gar nicht erfüllt.
Der Bundesgerichtshof bestätigte in seinen Urteilen, dass diese Verträge deshalb niemals wirklich rechtsgültig abgeschlossen wurden. Eine Verjährung des Widerrufsrechtes entfällt daher. Ein Widerruf der Lebensversicherung oder Rentenversicherung ist und war somit jederzeit möglich. Dieses Widerrufsrecht gilt unabhängig davon, ob der Lebensversicherungsvertrag noch läuft, nach 2004 gekündigt wurde, beitragsfrei gestellt wurde oder regulär ausgelaufen ist und das Kapital schon ausgezahlt wurde.
Lebensversicherung widerrufen – BGH Urteil schafft Klarheit
Der BGH hat in seinem Urteil vom 19.11.2014 – IV ZR 329/14 ohne große Begründung klargestellt, dass eine Belehrung wie selbstverständlich als fehlerhaft angesehen werden kann, wenn in der Widerrufsbelehrung nicht aufgeführt ist,
- dass die Übersendung der Verbraucherinformationen Voraussetzungen für den Beginn der Widerrufsfrist war,
- dass die Übersendung der Versicherungsbedingungen Voraussetzungen für den Beginn der Widerrufsfrist war,
- dass die Widerrufsbelehrung in Textform erfolgen muss.
Lebensversicherung widerrufen – Finger weg von Musterbriefen!
Das neue Urteil sorgt für mehr Rechtssicherheit und Klarheit. Wir gehen deshalb davon aus, dass die Versicherungsgesellschaften jetzt gezwungen sind, schneller den Widerrufen nachzugeben. Wichtig ist weiterhin, den Widerruf detailliert und individuell zu formulieren und auszuarbeiten. Pauschale „Musterbriefe“, wie sie im Internet zu finden sind, werden nicht zielführend sein und bieten den Versicherungsgesellschaften zu viele Ansätze einen Widerruf abzulehnen. Lassen Sie deshalb Ihre Verträge immer von spezialisierten Fachanwälten prüfen und den Widerruf individuell ausarbeiten.
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BGH Urteil vom 19.11.2014 – IV ZR 329/14
BGH Urteil vom 29.07.2015 – IV ZR 448/14